Am 24.01. fand im Rahmen des Forschungsfreitags die Vorstellung der Studie: „Lauter Hass-leiser Rückzug“ von 2024! statt.
Das Internet ist der wichtigste öffentliche Debattenraum unserer Zeit. Doch das digitale Miteinander gerät zunehmend unter Druck. Viele ziehen sich angesichts von Beleidigungen, Mord- oder Vergewaltigungsandrohungen aus dem öffentlichen Diskurs im Netz zurück.
Vor allem Rechtsextreme mobilisieren massiv in den sozialen Netzwerken und verbreiten Hass und Desinformation.
Die von Das NETTZ, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und den Neuen deutschen Medienmacher*innen im Rahmen des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz durchgeführte repräsentative Studie zeigt, dass Hass im Netz alltäglich ist und weiter zunimmt. Es besteht dringender Handlungsbedarf, wenn wir unsere Demokratie vor dieser Entwicklung schützen wollen.
Diese neue Studie ist die seit 2019 umfangreichste Erhebung zu Wahrnehmung, Betroffenheit und Folgen von Hass im Netz in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen:
- Hass im Netz kann alle treffen. Aber nicht alle gleich. Fast jede zweite Person (49 %) wurde schon einmal online beleidigt. Ein Viertel (25 %) der Befragten wurde mit körperlicher Gewalt und 13 % mit sexualisierter Gewalt konfrontiert. Besonders häufig betroffen sind nach eigenen Angaben Personen mit sichtbarem Migrationshintergrund (30 %), junge Frauen (30 %) und Menschen mit homosexueller (28 %) oder bisexueller (36 %) Orientierung. Fast jede zweite junge Frau (42 %) erhielt bereits ungefragt ein Nacktfoto.
- Hass im Netz führt zum Rückzug aus demokratischen Diskursen. Mehr als die Hälfte der Befragten bekennt sich aus Angst im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung (57 %), beteiligt sich seltener an Diskussionen (55 %) und formuliert Beiträge bewusst vorsichtiger (53 %). 82 % der Befragten fürchten, dass Hass im Netz die Vielfalt im Internet gefährdet. Mehr als drei Viertel (76 %) sind besorgt, dass durch Hass im Netz auch die Gewalt im Alltag zunimmt. Der Großteil (89 %) stimmt zu, dass Hass im Netz in den letzten Jahren zugenommen hat.
- Plattformen müssen Verantwortung für Hass im Netz tragen. 86 % der Befragten finden, dass SocialMedia Plattformen mehr Verantwortung übernehmen müssen. 79 % stimmen der Aussage zu, dass diese Plattformen auch finanzielle Verantwortung für die durch Hass im Netz entstehenden gesellschaftlichen Schäden tragen sollten. Als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz.Ergebnisse einer repräsentativen Befragung Kurzinformation Politische Forderungen Die aktuelle Studie bestätigt: Hass im Netz destabilisiert die Grundfesten unserer Demokratie. Die Politik muss dringend handeln, um dieser Entwicklung etwas entgegensetzen zu können:
- Betroffene müssen besser geschützt und unterstützt werden! Es braucht ein bundesweites Netzwerk von spezialisierten Beratungsstellen sowie geschulte und sensibilisierte Strafverfolgungsbehörden, die Betroffene ernst nehmen und nicht abweisen. Zudem braucht es die konsequente Anwendung bestehender Gesetze auch im Netz sowie die zeitnahe Umsetzung des europäischen Digital Services Act. Außerdem müssen die SocialMedia Plattformen konsequent gegen Hass und Verstöße gegen den Jugendmedienschutz vorgehen.
- Social-Media-Plattformen müssen finanziell zur Verantwortung gezogen werden! Hass, Desinformation und Gewalt werden durch die Geschäftsmodelle der großen Social MediaPlattformen verstärkt und richten massive Schäden für uns alle und die Demokratie an. Daher sollen die Plattformen alles dafür tun, um diese Schäden konsequent zu verhindern. Gleichzeitig müssen sehr große OnlinePlattformen einen Anteil ihres Gewinns aufwenden, um die gesellschaftlichen Kosten für diese Schäden in ausreichendem Maße zu tragen.
- Medienkompetenz und politische Bildung müssen gestärkt werden! Zu diesem Zweck muss eine nationale Bildungsoffensive Medienkompetenz umgesetzt werden. Dafür müssen Mittel in mindestens gleichwertiger Höhe (6,5 Milliarden €) des Digitalpakts von Bund und Ländern zur Verfügung gestellt werden. Zielgerichtetes und konsequentes Handeln gegen Hass im Netz erfordert außerdem die Förderung bestehender demokratiefördernder, zivilgesellschaftlicher Strukturen und ein kontinuierliches Monitoring von Hassdynamiken im Netz. Bereits 2023 haben die herausgebenden Organisationen Handlungsempfehlungen für politische Maßnahmen erarbeitet.
Über die Studie
Die Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ wurde 2023 von den zivilgesellschaftlichen Organisationen Das NETTZ, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und den Neuen deutschen Medienmacher*innen als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz in Auftrag gegeben. Ziel der Erhebung ist es, einen aktuellen Stand zu Hass im Netz für Deutschland abzubilden. Damit liegen erstmals seit der Studie des IDZ 2019 repräsentative empirische Daten in ähnlichem Umfang und Detailgrad vor. Befragt wurden mehr als 3.000 Internetnutzer*innen in Deutschland ab 16 Jahren.
Herausgeber*innen: Das NETTZ, Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), HateAid, Neue Deutsche Medienmacher*innen als Teil des Kompetenz netzwerks gegen Hass im Netz Wissenschaftliche Umsetzung: pollytix strategic research GmbH (Vorerhebung: Bilendi GmbH)
Erhebungszeitraum: OktoberNovember 2023 (Vorerhebung: JuliAugust 2023)
Alle Informationen zur Studie:
https://kompetenznetzwerk-hass-im-netz.de/lauter-hass-leiser-rueckzug