Fachtag „Rechte Klima- und Umweltdiskurse"

Der Fachbereich Kinder und Jugend und der Förderverein Projekt Osthofen e.V. veranstalteten online am Donnerstag, den 10.06.2021 einen Fachtag zum Thema „Rechte Klima- und Umweltdiskurse“.

Philipp Lukas vom Förderverein Projekt Osthofen e.V. begrüßte die Anwesenden und moderierte den Fachtag, Simone Reinisch begrüßte mit einem Impuls aus dem Buch des Propheten Jesaja.

Dr. Nils Franke referierte über „Rechte Ökologie“- Wie Rechtsextreme versuchen, in Natur- und Umweltschutz Vorzustoßen.

Der Wissenschaftler von der Universität Leipzig ist Historiker und Kulturwissenschaftler und ausgewiesener Experte für Rechtsextremismus. Sozialisiert wurde er in der katholischen und evangelischen Jugendbildungsarbeit.

Er konstatierte, dass Rechtsextremisten im Bereich der ökologischen Landwirtschaft immer offener um Unterstützung werben. Die Natur sei als Konzept „eine der absoluten Grundlagen des Nationalsozialismus gewesen. Zu großen Teilen baue der Rechtsextremismus auch heute noch darauf auf, beispielsweise in der NPD, beim „III. Weg“, bei den Identitären oder völkischen Siedler*innen. Auch die AfD versuche, in diesem Bereich Fuß zu fassen.

Für die Konjunktur dieser Bewegung gebe es klare Belege, sagt der Historiker. Von völkischen Siedler*innen habe es vor zehn Jahren ein paar kleine Gruppen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gegeben.

„Jetzt ist es so, dass sie solche Höfe überall in Deutschland finden, auch in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Rheinland-Pfalz.“ Inzwischen gebe es auch mehrere Zeitschriften über ökologische Landwirtschaft, in denen immer auch rechtsextremistische Inhalte publiziert würden, z.B. in „Umwelt & Aktiv“, dort gäbe es immer auch rechtsextrem Artikel.

Nach solchen extremistischen Vorstellungen werde das „deutsche Wesen“ durch die Auseinandersetzung mit der Natur geprägt. Dass nationaler Geist eine entsprechende „deutsche Landschaft“ herstelle, werde mit dem Thema Ökologie verknüpft.

Man versuche dieses Thema umso mehr als Bühne zu nutzen, als sich alle Parteien heute grundsätzlich zum Thema Ökologie und Naturschutz positionieren müssten.

„Diese Ökologievorstellung“, so der Historiker, „lässt sich koppeln mit menschenfeindlichen Vorstellungen wie zum Beispiel, dass Menschen, die mit Migrationshintergrund zu uns kommen, uns nicht nur die Arbeitsplätze wegnehmen, sondern auch unsere Umwelt belasten, da sie in Deutschland Ressourcen verbrauchen.“

Im zweiten Teil seines Vortrages: „Praxis konkret: Rechte Umwelt- und Klimadiskurse im Umfeld Jugendlicher“ gab der Wissenschaftler Ansatzpunkte für die Evangelische Jugendarbeit: Fundamentale Gegenpositionen gegen die zentrale Idee des Rechtsextremismus sei immer noch, dass Gott alle Menschen als gleichwertig erschaffen habe und das Doppelgebot der Liebe: „Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst.“ Des Weiteren machte er Vorschläge für Zugänge zu Jugendlichen: Schöpfung, die Erhaltung ist eine wichtige Motivation vieler Naturschützer*innen, denn die Natur ist uns nur anvertraut.
Die Klimadiskussion ist eine Frage der Gerechtigkeit der Generationen, die von Rechtsextremist*innen abgelehnt wird, insbesondere die internationale Zusammenarbeit.

Am Nachmittag wurden die spanenden Vorträge und Videobeispiele erweitert von Lisa Geffken.

Frau Geffken arbeitet als Leiterin für die Fachstelle für politische Bildung und Entschwörung in der Amadeu Antonio Stiftung. Sie ist Sozialökonomin und verfügt über einen M.A. In Gesellschaftstheorie, seit fünfzehn Jahren gestaltet sie politische Bildungsarbeit.

Ihr Vortrag mit der Überschrift: “Gutes Leben, aber nicht für alle, Wachstumskritik von rechts“ begann mit dem Raten von Zitaten. Fünf interessante Zitate wurden darauf von den Teilnehmenden untersucht, ob sie von rechts oder links sind. 

Sie ging auf die Wachstumskritik ein, denn inmitten von Krisentendenzen wie dem Klimawandel, zunehmenden sozialen Konflikten und der steigenden Ressourcenknappheit, formiert sich die sogenannte »Postwachstumsbewegung«, welche die Ursachen allen Übels im Wachstumskredo unserer Zeit ausmacht. Folgerichtig fordern die Akteur*innen eine Postwachstumsgesellschaft, welche nicht mehr wachsen müsste, um sich zu stabilisieren. Doch im Gegensatz zu weiten Teilen der öffentlichen Wahrnehmung haben nicht nur Linke Postwachstum für sich entdeckt:

Im deutschsprachigen Postwachstumsspektrum gibt es bisher kaum Auseinandersetzungen mit explizit rechter Wachstumskritik.

Die Auseinandersetzung gilt letztlich auch dem Anliegen, etwaige Anknüpfungspunkte rechter Ideologien an die anderen Strömungen des Postwachstumsspektrums ausfindig zu machen. Dies soll die Möglichkeit für eine Selbstkritik der »Postwachstumsbewegung« eröffnen, die Fallstricke analysiert, ohne die emanzipatorischen Momente des Ansatzes zu verwerfen.

Im Anschluss diskutierte die Expertin mit den Teilnehmenden über die fünf Bausteine einer rechten Wachstumskritik: Biologisierung des Sozialen, Regionalismus, Überbevölkerungskritik, Antimodernismus und Regressiver Antikapitalismus.

Die Anwesenden trugen viele bekannte Beispiele zusammen.
In der Schlussdiskussion sammelten Alle gute Beispiele, für eine politische Bildungsarbeit und eine emanzipatorische Auseinandersetzung.
Die beiden Expert*innen gaben viele Anregungen, Links, Informationen und Broschüren zur Kenntnis, die man sich zum größten Teil kostenlos bestellen oder herunterladen kann.

Der Fachtag endete mit viel positivem Feedback und Dank an alle Beteiligten.