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"VORSPRUNG" - Fachberatungstagung in Ornans, Frankreich vom 16. - 21. Mai 2022

Gesund, gut gelaunt und voller freudiger Erwartungen bestiegen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachberatungstagung „Vorsprung“ die Kleinbusse, um ihrem Zielort Ornans im französischen Jura entgegen zu steuern.

Die vom Fachbereich Kinder und Jugend im Zentrum Bildung der EKHN ausgeschriebene Kanu- und Kletterfortbildung richtete sich an kirchliche Mitarbeitende, die solche erlebnispädagogische Elemente in ihre Arbeit integriert haben und ihre Kompetenzen darin schärfen wollten. Unter der Leitung von Fach- und Praxisberater Robert Mehr, der die Fortbildung geplant und vorbereitet hatte und der professionellen Unterstützung von Bernd Dörr (Bereich Paddeln) und Jürgen Salewski (Bereich Klettern) erlebte die 16-köpfige Gruppe aus unterschiedlichen Berufsgruppen sechs Tage lang bei hervorragenden Wetter und ausgezeichneter Stimmung eine unvergessliche und höchst motivierende Tagung.

Nach Ankunft auf dem Campingplatz des beschaulichen Örtchens Ornans bezogen alle rasch ihre Zimmer(chen) in den schlichten, aber praktisch eingerichteten Mobilhomes, bevor der Trupp nahezu geschlossen dem langersehnten ersten Cappuccino bzw. Kaffee auf der Campingplatzterrasse entgegen eilte. Ein vielversprechender Zwischenstopp auf einer Autobahnraststätte konnte dieses Bedürfnis nämlich nicht befriedigen, der einzig funktionierende Kaffeeautomat trug seinen Namen völlig zu Unrecht.

Die Tagesabläufe gestalteten sich vor Ort recht gleichförmig:

Nach gemeinsamen Frühstück, Morgenliturgie und Andacht separierten sich die beiden Fachgruppen Paddeln und Klettern zur ihren Theorieeinheiten, gefolgt von einer kurzen Planungs- und Besprechungsrunde für die Tagesaktion, bevor dann die Kleingruppe rasch ihre jeweilige Ausrüstung zusammenpackte, die Fahrzeuge belud und dann zum Kletterfelsen bzw. zur Kanueinstiegsstelle aufbrach…

Die Paddelgruppe setze ihre Kajaks und Kanadier an verschiedenen Stellen des Flüsschens Loue ein, das sich mit seinen zahlreichen, zumeist Naturwehren als flottes und teilweise auch anspruchsvolles Paddelgewässer erwies, zumindest für diejenigen, die trotz meisterhafter fachlicher Unterweisung durch Bern Dörr vom Deutschen Verband für Abenteuersport unfreiwillig das Kanu verließen und sich und ihre Mitpaddelnden ins kalte Wasser stürzten. Aufgrund des freiwilligen Rotationssystems, das  zum einen allen jede Positionen im Boot zu Übungszwecken ermöglichte und zum anderen auch die Besatzungen untereinander durchmischte, kamen nahezu alle in den Genuss, plötzlich und unerwartet die Wassertemperatur zu prüfen. Aber kein Problem, denn Bergen und Retten von Mensch und Equipment, vor allem das Lenzen (Entleeren) gekenterter Kanadiern war eine der zu lernenden Basistechniken neben dem „Lesen“ des Gewässers, Kehrwasserfahren oder Traversieren, also das Steuern eines Kanus von einem Ufer zum andern gegen die Strömung. Diese und viele weitere Übungen zu einem sicheren Handling beim Führen von Gruppen in Zahmwasser und leichtem Wildwasser ertüchtigte die Teilnehmenden, aufgefrischtes Wissen und neu Erlerntes künftig in die Arbeit vor Ort mit Kindern und Jugendlichen einzubringen.

Die Klettergruppe machte entsprechend ganz ähnliche Erfahrungen. Auch hier sammelten sich im Klettern erfahrene und weniger erfahrene Teilnehmende, die unter der fachkundigen Anleitung von Jürgen Salewski die eigene Klettertechniken ausfeilen konnten, Sicherungstechniken und Routenbeurteilungen intensivierten und allerlei Sicherungsaspekte in Theorie und Praxis vergegenwärtigten. Ablassen und Abseilen gehörte ebenso zum Repertoire wie Toprop-Klettern, Vorstieg-Übung oder Klettersteig-Erfahrung. Unerlässlich bei alledem ist zweifelsohne der sichere und geübte Umgang mit dem vielfältigen Equipment wie Sicherungsgurte, Seilausrüstung, Sicherungsautomaten oder Schummelechse… Und weil Sicherheit hier wie bei allen erlebnispädagogischen Aktivitäten ganz im Vordergrund steht, wurde Material- und Knotenkunde ebenso vermittelt wie eindeutige Kommunikation und Seilkommandos. Dass trotz der Fülle an Lern- und Übungsinhalten der Spaß nicht zu kurz kam, das konnte man Tag für Tag an den strahlenden Gesichtern der Rückkehrenden ablesen.

Zum Abendessen und der sich anschließenden liturgischen Tagesreflexion kamen dann wieder alle zusammen. Eine Abendandacht, die verschiedenen Teilnehmenden jeweils vorbereitet hatten, beendete dann den offiziellen Teil. Doch damit waren die Abende noch lange nicht zu Ende. Gespannt und teilweise bis spät in die Nacht lauschte jeder gerne, um von dem Erlebten und den Erfahrungen auch der jeweils anderen Aktionsgruppe zu hören, sich auszutauschen und den kollegialen Austausch zu pflegen.  

„Viel zu schnell verging die Zeit“ so lautet das Fazit dieser Tage. Wir haben ganz viele Impulse erhalten, Neues erlernt, Selbstsicherheit gewonnen, Menschen näher kennen gelernt, Netzwerke geknüpft und Partnerschaften für künftige gemeinsame Aktionen und Projekte geschlossen und einen weiteren Schritt in Richtung multiprofessioneller Teams getan. Und deren Stärke wurde dann buchstäblich auf den letzten Kilometern der Heimreise gefordert, als einem der Kleinbusse auf der Autobahn der rechte Vorderreifen platzte und die verrostete Schrauben der Ersatzradhalterung keinen Millimeter nachgeben wollte. Aber das Hand-in-Hand-Arbeiten von Pfarrer und Jugendreferent entwickelte solch eine Power, die jeglichen Widerstand zunichte machte. So kamen alle etwas verspätet, aber unversehrt am Zielort an. Unversehrt – na ja, wenn das Virus nicht doch noch zugeschlagen hätte…

Text: Volker Heuser

 

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