Zweiteilige Fortbildung widmet sich intensiv der "Seelsorge mit jungen Menschen"

Kinder und Jugendliche brauchen Menschen, die sie in ihrer Lebenssituation wahrnehmen und ein offenes Ohr für sie haben. Wie das geht, dieser Frage sind 18 Interessierte, allesamt hauptberufliche Mitarbeiter_innen in der ev. Kinder- und Jugendarbeit der EKHN und EKKW, im Rahmen einer modularisierten Fortbildung nachgegangen, deren erster Teil vom 16. bis 20. November 2015 im Kloster Höchst i. Odw. und deren zweiter Teil vom 14. bis 18. März 2016 in Kassel stattgefunden hat. Die Fortbildung bot viel Raum, um diese Aufgabe der Wegbegleitung personenbezogen und praxisorientiert miteinander zu bedenken und gegenseitig Unterstützung zu erfahren.

Das zweiteilige Seminar beschäftigte sich u.a. mit den theologischen und kirchlichen Grundlagen und Strukturen einer Seelsorge mit Jugendlichen. Auf der Basis theoretischer Erkenntnisse und fachlicher Impulse erarbeiteten die Teilnehmenden methodisch vielfältig miteinander und für sich individuelle Handlungsspielräume und Interventionsmöglichkeiten für die unterschiedlichsten Gesprächsanlässe in der außerschulischen und schulbezogenen Arbeit.Die Bereitschaft zur Selbstreflexion wurde dabei vorausgesetzt. Das Einbringen eigener Impulse und Themen war ausdrücklich erwünscht.

Ein ausführliches Informationsgespräch im Rahmen der Anmeldung, regelmäßige Kontakte zwischen den beiden Seminarabschnitten und ein Perspektivengespräch am Ende der Fortbildung waren Bestandteile des Programms. Der geistliche Rahmen wurde von Morgen- und Abendandachten abgesteckt, die von den Teilnehmenden vorbereitet wurden. Zwischen den beiden Kurswochen waren die Teilnahme an einer Gruppensupervision, die Erstellung eines Verbatims auf der Basis eines Gesprächs aus der beruflichen Alltagspraxis, die Lektüre einschlägiger Texte sowie die Erarbeitung einer Landkarte psychosozialer Dienste in der Region verpflichtend.

Die Fortbildung war methodisch geprägt durch einführende Impulse, Vorträge, Einzel- und Gruppenarbeiten, Plenumsgespräche und Praxisbeispiele. Unterstützt wurde die inhaltliche Auseinandersetzung durch Tagungsunterlagen, Materialempfehlungen / Literatur sowie Hinweise auf Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, um einzelne Inhalte weiter vertiefen zu können.

Als Referenten haben mitgewirkt: Rainer Brandt, Dr. Matthias Günther, Rüdiger Haar, Dr. Dirk Kutting und Stefan Wehrum.

Idee und Konzeption sowie inhaltliche und organisatorische Gesamtleitung: Stephan Da Re (EKHN) und Johannes Meier (EKKW).

Inhalte und Themen 1. Kurswoche:

1. Tag:

  • Begrüßung und Informationen zum KursverlaufAssoziationsübung mit Bildmotiven
  • Häufig wiederkehrende Beratungs- und Konfliktthemen
  • Neun Leitsätze einer beziehungsfördernden Grundhaltung
  • Rolle und Funktion einer Seelsorgerin / eines SeelsorgersMein Seelsorgeverständnis
  • Mein Seelsorgeverständnis
  • Thesen zur Seelsorge mit jungen Menschen
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

2. Tag (Dr. Dirk Kutting):

  • Geschichte der Seelsorge und Seelsorgekonzeptionen
  • Einführung in die Praxis des seelsorglichen Kurzgesprächs
  • Übung: Die ratsuchende Person aktivieren
  • Grundfragen der Systemischen Beratung
  • Übung: Vom Kontakt zum Kontrakt (Auftragsfindung)
  • Schritte vom Problem zur Lösung
  • Übung: Vom Problem zur Lösung
  • Systemische Sicht
  • Beraterhaltung
  • Systemisches Fragen
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

3. Tag (Dr. Dirk Kutting / Stefan Wehrum):

  • Symbolisierung in der Systemischen Beratung
  • Medien und Techniken zur Visualisierung in der Beratung
  • Wenn Schule zum Problem wird, wenn Schule mich plagt – Lösungsorientierte Kurzzeitberatung
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

4. Tag (Rainer Brandt):

  • Spiritualität in der Seelsorge mit jungen Menschen
  • Ein beziehungsorientierter Ansatz für das Lehren und Lernen christlicher Spiritualität
  • Die Bibel ins Gespräch bringen
  • Übung: Bibliologisch lesen
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

5. Tag:

  • Entwicklungspsychologie / Religiöse Entwicklung
  • Synopse strukturgenetischer Entwicklungsmodelle (Piaget, Kohlberg, Oser / Gmünder, Fowler)
  • Entstehung und Entwicklung von Gottesbildern
  • Übung: Schatzsuche in 5 Minuten „Meine Gottesbilder“
  • Verabredungen und Vereinbarungen
  • Wochenrückblick und Feedback
  • Abschlussritual „Koffer packen“ und Reisesegen

Arbeitsaufträge für die Zeit zwischen den beiden Modulen:

  • Teilnahme an einer Gruppensupervision
  • Erstellung eines Verbatims auf der Basis eines Gesprächs aus der beruflichen Alltagspraxis
  • Erarbeitung einer Landkarte psychosozialer Dienste in der Region  Biografielinie: „Gott in meinem Leben“
  • Lektüre einschlägiger Texte und Selbststudium

Inhalte und Themen 2. Kurswoche:

1. Tag:

  • Begrüßung und Informationen zum Kursverlauf
  • Warm-Up: "Pipeline"
  • Auswertung der Erarbeitung einer Landkarte psychosozialer Dienste in der Region in Kleingruppen mit anschließender Präsentation im Plenum 
  • Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen einer Seelsorge mit jungen Menschen
  • Auswertung der Biografielinie "Gott in meinem Leben"
  • Impuls zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Gottesbild 
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

2. Tag (Dr. Dirk Kutting):

  • Kurzgespräche zwischen Tür und Angel
  • Methodische Möglichkeiten im Kurzgespräch
  • Übung: Mäeutisch fragen
  • Übung in Kleingruppen zu den Themen Essstörungen, Suizidandrohung und Mobbing
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

3. Tag (Dr. Matthias Günther):

  •  Umgang mit Sterben, Tod und Trauer
  • Gedanken zum Umgang mit Tod und Trauer in der Gegenwart
  • Was ist Trauer?
  • Wo ist Gott, wenn Menschen trauern?
  • Wie können wir trauernde Jugendliche begleiten? Bearbeitung von vorgegebenen und eigenen Fallbeispielen in Kleingruppen
  • Trauer(n) lernen im Sinne eines Sich-Vorbereitens
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

4. Tag (Rüdiger Haar):

  • Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung und deren Bedingungen am Beispiel von Freundschaft und Beziehung, Gemeinschaftsfähigkeit / Liebe, Partnerschaft und Sexualität
  • Das Fünfphasenmodell der Adoleszenz nach Peter Blos
  • Entwicklungs-Aufgaben in der Adoleszenz
  • Beratung - Seelsorge - Therapie
  • Fallbeispiele: Mobbing - Sexuelle Handlungen - Essstörungen (Bulimie)
  • Kollegiale Beratung und Fallbesprechung

5. Tag:

  • Wochenrückblick und Feedback / Evaluation
  •  Gemeinsamer Abschlussgottesdienst mit Übergabe der TN-Bescheinigungen 

Die Veranstaltung wird mit einem Aufbauseminar "Online-Seelsorge und Cyber-Mobbing" fortgesetzt, an dem auch Neueinsteiger teilnehmen können:
17.02. (Beginn: 10.00 Uhr) bis 18.02.2017 (Ende: 13.00 Uhr), Exerzitienhaus Hofheim
(Ausschreibung erfolgt zeitnah)

Hintergrund: Die zweiteilige Fortbildung ist das Ergebnis einer Bedarfserhebung im Arbeitsfeld. Die große Resonanz (Warteliste) einerseits, kaum vorhandene Fortbildungsformate dieser Art in den EKD-Gliedkirchen andererseits, unterstreichen die Notwendigkeit, Hauptberufliche in der ev. Kinder- und Jugendarbeit stärker als bisher zu begleiten und in ihrer Arbeit zu stärken. Gleichzeitig soll eine Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund des Gemeindepädagogengesetzes (EKHN) erfolgen, die Qualitätsstandards im Sinne der Aus-, Fort- und Weiterbildung, einen konkreten Dienstauftrag sowie die für die seelsorgliche Arbeit mit Jugendlichen nötige Rechtssicherheit mit einschließen.

Weitere Informationen und Rückfragen:
Zentrum Bildung der EKHN
Fachbereich Kinder und Jugend 
Stephan Da Re
Erbacher Str. 17
64287 Darmstadt 
Tel.: 06151-6690-135
E-Mail: stephan.dare.zb@ekhn-net.de